„Wohl dem, der deine Kinder am Felsen zerschmettert“, heißt es im Psalm 137. Ein völlig inakzeptabler Gedanke! Aber so steht es in der Bibel. In dieser Sonderfolge geht es im Anschluss an die vorausgehende Predigt über Psalm 137 um die theologischen Hintergründe dieses Psalms und seinen Platz in der biblischen Gedankenwelt, in der es den „Heiligen Krieg“ gibt, aber auch den „Gottesknecht“ als Anti-Kriegshelden. (4.9.2023)
Gliederung:
00:00 Wie ich die Sache angehe
05:00 Der Psalm 137 und sein Hintergrund
09:30 „Heiliger Krieg“ in der Bibel
14:00 Die „Bannweihe“ und ihre zeitliche Einordnung
19:00 Die „Bannweihe“ an Kindern
21:45 Die Kinder im Psalm 137
26:15 Aufruf zur Gewalt an Kindern?
30:15 Die Entwicklung der Vorstellung von „Krieg und Heiligkeit“
32:45 Der „Gottesknecht“ als Anti-Kriegsheld
37:00 Fazit
Gestern Abend beim „literarischenGottesdienst“in Rohrau wurde uns am Eingang ein kopierter Zettel ausgeteilt .Zum Psalmgebet hat die Gemeinde – auch ich – ohne den den Text vorher zu lesen – man hat ja Vertrauen in die Pfarrerin! – im Wechsel Psalm 137 gelesen. Mir blieb das Wort im Halse stecken als ich lesen sollte: Wohl dem, der Deine jungen Kinder nimmt und sie am Felsen zerschnmettert!
Wie kann man von Erwchsenen verlangen, solche Worte laut zu beten? Dies am Tag, als In Israel Krieg beginnt!
Ich bin erschüttert, zutiefst, bin mir fast sicher, dass unsere Pfarrerin vorher nicht zu Ende gelesen hat, was sie von uns da fordert. Am Ende des ansonsten guten Gottesdienstes ist Frau Bürkler ans Mikrophon getreten und hat in höchsten Tönen auf Ihre Erklärung, Herr Roß, zu diesem Psalm aufmerksam gemacht. Ich habe mir gestern Abend ihre brillant rechertierte AT-Vorlesung zu Ps 137 angehört. Sie haben eine wunderbare Begabung und am AT-Seminar im Theologicum hätte ich Ihnen gern und interessiert zugehört, aber: leider taugen Ihre Erklärungen NICHT dazu, dass ich als Gemeindeglied dann laut das Gegenteil meiner tiefsten Überzeugung auch noch dem beten soll. Wissen Sie, was mein 96- jährige Mutter gemacht hat: sie hat solche und ähnliche Sätze einfach in ihrer Bibel ausgestrichen mit der Erklärung: ich glaube an einen friedliebenden Gott. Vielleicht sollten wir an dieser Stelle auch als Theologen von dieser Mutter und ihrem Mut lernen, das Wort Gottes kritisch zu hinterfragen. Ihr Versuch, Herr Roß, auch noch aus dem letzten Unsinn einen weit, weit hergeleiteten Sinn zu machen, ist meines Erachtens kontraproduktiv.
Hallo Herr Steinmann,
vielen Dank für Ihre Meinungsäußerung, die ich respektiere. Auch ich glaube wie Sie an einen friedliebenden Gott. Den Psalm 137 im Ganzen hätte ich nicht für einen Gemeindepsalm im Gottesdienst vorgeschlagen. Es ja etwas anderes, über diesen Psalm zu reden oder ihn zu beten. Ich persönlich halte nichts an diesem Psalm für Unsinn, sondern sehe in ihm eine für die damalige Situation völlig legitime Glaubensäußerung. Ich will sie verstehen, wenn ich sie heute auch nicht nachsprechen will.
sorry, da ist etwas zu schnell weggeflogen…Villeicht ist s ja auch gar nicht bei Ihnen angekommen. Ich wollte zu Ihrer Deutung, dass doch Gott die Aufgabe des Kinderzerschmetterns übernehmen soll, anmerken, dass ich dazu im Text keinen Hinweis finde. wo finden Sie denn diese Entlastung? Vor vielen Jahren musste ich mal einen ermordeten Polizisten beerdigen. Da predigte über den Satz Jesu am Kreuz: Gott, vergib Ihnen, denn.. Ich änderte den Satz aus seelsorglichen Gründen dahingehend: Lieber Vater, vergib Du ihnen – ich kann es nicht! …. Hier hielt ich es für möglich, den Bibeltext zu ändern.
Im Ps 137 möchte es „meinem“ Gott nicht zumuten, Nachkommen des Königshauses zu zerschmettern. Letztendlch denke ich, lieber Kollege Roß, dass wir mit dem Narrativ „Gottes Wort“ lernen sollten, vorsichtig umzugehen. Mir ist das übrigens erst nach meiner Pensionierung aufgegangen. Weiterhin alles gute Ihnen mit Ihrer kreativen Gemeindearbeit.